Jede menstruierende Person kennt es nur zu gut – das Stechen im Unterleib wurde gekonnt ignoriert und plötzlich sitzt man in der Vorlesung und bemerkt das Eintreffen der Periode. Auf hektisches Wühlen in der Tasche folgt die unangenehme Erkenntnis – ich habe keine Hygieneartikel dabei. Was also tun? Peinliches Geflüster während dem Seminar? Der Weg zur nächsten Drogerie ist aber zu weit, um es unbeschadet zu schaffen und ein endgültiges Auslaufen zu verhindern. Es bleibt nur das kratzige Toilettenpapier zu einer Binde umzufunktionieren, bis man eine*n Retter*in mit Hygieneartikeln gefunden hat und die halbe Universität in Kenntnis gesetzt wurde, dass man menstruiert. Neben den ohnehin bestehenden Beschwerden der Periode ist das geschilderte Szenario oft Alltag für alle Betroffenen. Die Hälfte der deutschen Bevölkerung hat ihre Tage. Im Leben geben menstruierende Menschen im Schnitt 20.000 Euro für Menstruationsartikel aus. Mittel zur Linderung der Beschwerden sind dabei nicht eingerechnet. Ein teures Alltagsproblem für viele Menschen, die finanziell einfach nicht in der Lage sind, sich ausreichend mit den richtigen Produkten auszustatten. Die sogenannte PeriodPoverty ist auch in Europa ein großes Problem und bewog Schottland im Jahr 2020 dazu, Periodenprodukte allen kostenlos zur Verfügung zu stellen. In Deutschland fielen Artikel wie Tampons und Binden bis zum Jahr 2019 unter Luxusgüter und wurden mit 19% besteuert.
Die Problematik der Periodenarmut und die erschwerte Zugänglichkeit derartiger Artikel ist auch dem Referat für Gleichstellung, Diversity und Soziales der Universität Stuttgart bewusst. Sie haben diese Thematik nun in Angriff genommen. Ihre Idee ist es, Periodenprodukte kostenlos an der Universität zur Verfügung zu stellen und damit allen menstruierenden Studierenden den Zugang zu Hygieneartikeln zu verschaffen. Seit dem ersten November dieses Jahres sind diese noch in vorerst provisorischen Behältern auf den Toiletten der beiden Campusgelände zu finden. Zur Auswahl stehen Tampons und Binden, da sie die gängigsten Periodenprodukte sind. Nach beenden der Pilotphase, die bis zum 31. Januar2022 verlängert wurde, soll der tatsächliche Bedarf betrachtet werden. Danach sollen die Tampons und Binden in geeigneteren Behältern fest installiert werden, vorzugsweise neben den Waschbecken. Das besondere an der Aktion ist, dass das Referat außerhalb des binären Geschlechtersystems denkt und die Boxen auch in den Toiletten für Männer aufgestellt wurden, da die Produkte allen menstruierenden Menschen zur Verfügung stehen sollen. Wer Feedback zum Pilotprojekt geben will, kann dies auf https://stuvus.uni-stuttgart.de/menstruationsprodukte/ tun und damit das ReferatGleichstellung, Diversity und Soziales unterstützen.
Auf diesen Toiletten findet ihr die Boxen:
Campus Stadtmitte:
- K1
- K2 (unteres Foyer)
- neben M17.02
- Hörsaalprovisorium (auch auf der Herrentoilette)
- Mensa Stadtmitte
Campus Vaihingen:
- V9 (im Foyer)
- V38
- V47 (unteres Foyer)
- V53 (Audimax, auch auf der Herrentoilette)
- V57 (unter den Hörsälen)
- Keltenschanze
- Mensa Vaihingen
Rahmi Köschker
Foto: Anna Fritz